Interview mit Sänger Viktor von Brymir am 24.11.17 (Finnland)

(English version as video at the end. Sorry for the poor sound quality at some parts)

 

A: Erst einmal Hallo und danke für deine Zeit. Kannst du zuerst die Band in ein paar Sätzen beschreiben?

V: In ein paar Sätzen? Hmm ok, im Wesentlichen sind wir eine ziemlich, ok vielleicht auch nur relative junge, extreme-melodic-Metal Band. Hmm, nein, lass uns von vorne anfangen. Wir sind eine ziemlich neue Band in der Melodik-Death-Metal-Szene. Wir spielen seit ca. 10 Jahren. Und meiner Meinung nach sind wir gerade, langsam aber sicher, dabei unseren eigenen Sound zu finden. Im Moment arbeiten wir an ein paar Sachen und spielen ein paar Shows.

A: Wie kam es zur Gründung der Band?

V: Sehr traditionell, wie in einem Film. Wir haben in einem Band-Camp für Teenager angefangen. Wir kamen alle aus verschiedenen Verhältnissen und wir haben alle verschiedene Instrumente gespielt. Das ganze Camp war eigentlich eher für Jazz, Latino und Pop Musik, aber natürlich haben sich die Metalheads gefunden und Brymir ist das Endergebnis davon. Das ist ziemlich cool, ein bisschen wie in American Pie oder so einem ähnlichen Film.

A: Was bedeutet der Name Brymir und warum hat Ihr euch für diesen Namen entschieden?

V: Wir wurden sehr von den nordischen Mythen inspiriert und deshalb wollten wir etwas davon als Name verwenden, aber wir haben nicht wirklich etwas Passendes gefunden. Also haben wir die Namen „Ymir“, der Riese, aus dessen Körper am Anfang der Zeit die ganze Welt kreiert würde und „Birmir“, einem Tisch an welchem die Seelen der Helden nach Ragnarök für immer feiern kombiniert. Also vor dem Anfang und nach dem Ende, quasi Alpha und Omega. Wir kamen uns total clever vor.

A: Gibt es schon einen Plan für ein neues Album?

V: Ja, wir haben sehr viele neue Songs und jetzt ist das Problem, – oder naja, Problem ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Es ist denke ich, ein gutes Problem,  dass wir Songs aus zwei verschiedenen Stilrichtungen haben. Nur sind wir uns nicht sicher ob wir alles auf ein Album packen wollen oder ob wir es besser aufteilen und zwei Alben daraus machen. Jetzt müssen wir mal schauen, Ende Januar, wenn wir alle Demos fertig haben, ob wir genug Songs für zwei Alben haben. Also, Ja wir haben einen Plan für ein neues Album, wir arbeiten daran und wir werden es nächstes Jahr veröffentlichen. Also da bin ich mir zumindest ziemlich sicher, versprechen kann ich es noch nicht. Wir hatten das eigentlich schon für dieses Jahr geplant, aber es passiert gerade so viel in unserem Leben.

A: Was ist die größte Inspiration für eure Songs?

V: Hmmmm, ich glaube es ist ein bestimmter Sound, den wir lieben gelernt haben als wir jünger waren. Das hat sich nie geändert, wir alle hören viel „Wintersun“ und „Dimmu Borgir“ und das inspiriert unseren Sound. Für die Lyrics ist es etwas schwieriger zu sagen, weil nicht nur ich, sondern auch unser Bassist Jarkko die Lyrics schreibt und wir das ganz verschieden angehen. Jarkko studiert die englische Sprache an der Universität, er ist ein richtiger Literatur- und Poesie-Geek, er schreibt gerne über ein großes Konzept. Ich werde eher von einzelnen Wörtern oder Sätzen inspiriert, es ist wie ein Blitzeinschlag, (schnipst) „Oh, this is cool“ und das reicht mir dann als Inspiration.  Für mich macht es da automatisch klick, ich kann einen ganzen Song nur auf einem Einzigen aussagekräftigen Wort aufbauen, sobald ich dieses eine Wort gefunden habe geht der Rest von ganz alleine. Jarkko ist da ganz anders, er macht sich Notizen oder schreibt einen Aufsatz und dann fängt er an das von da aus herunter zu brechen und die Lyrics zu schreiben.

Wir sind ziemliche Gegensätze und dann versuchen wir immer irgendwie die Balance zu finden. Er beschwert sich über mich weil es zu einfach ist und ich beschwer mich über Ihn weil es zu kompliziert ist. Da sind wir dann wieder beim Alpha und Omega Konzept.

A: Welche Band war die größte Inspiration für euch?

V: Schwer zu sagen, das ändert sich jedes Jahr. Ich habe in letzter Zeit nicht viele neue Bands entdeckt, aber ich denke „Wintersun „und „Dimmu Borgir“ haben den Kern gebildet. Außerdem die früheren Werke von „Ensiferum“ und auch „Moonsorrow“ war teilweise eine Inspiration. Ich höre auch viel Power Metal, also ein ziemlicher Mix. Aber „Wintersun“ und „Dimmu Borgir“ waren denke ich die größte Inspiration, die haben uns total den Kopf verdreht, irgendwann 2004 oder 2005 als  wir anfingen diese schnellere Musik zu hören, damals kannten wir uns noch nicht einmal, aber wir haben alle etwa zur gleichen Zeit diese Musik für uns entdeckt.

A: Wie sieht es mit Plänen für eine kommende Tour aus?

V: Ja, naja, wir müssen erstmal das Album herausbringen, sonst macht eine Tour nicht wirklich Sinn, aber sobald das Album soweit fertig ist werden wir uns an die Planung machen. Bisher haben wir das immer irgendwie vermasselt, aber dieses Mal werden wir alles richtig machen, wenn wir das Album veröffentlichen haben wir hoffentlich schon einen Plan für das gesamte restliche Jahr und die Tour. Vorher war das nicht einmal möglich, beim ersten Album gab es Schwierigkeiten und an unserem zweiten Album haben wir so lange gearbeitet, dass wir es einfach irgendwann veröffentlichen mussten. Jetzt haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit alles nach Plan anzugehen. 2018 wird ein arbeitsreiches Jahr für uns.

A: Wenn Ihr auftreten könntet wo immer Ihr wolltet, welches Land wären dann euer größter Traum?

V: Ich würde sagen Japan war unser größter Traum, dort waren wir Anfang des Jahres, das war richtig cool. Aber lass mich überlegen was sonst noch cool wäre. Hmm, Amerika wäre sicher interessant. Oh und Korea, zumindest für mich, ich mag das Essen und ich finde die Kultur dort spannend.

A: Ihr spielt alle auch noch in anderen Bands, wie geht ihr damit um?

V: Naja, Joona ist natürlich immer sehr beschäftigt, da Battle Beast gerade richtig am Durchstarten ist und natürlich muss er viel mit Battle Beast touren, da er inzwischen von der Musik lebt, was eine ziemlich coole Errungenschaft ist. Wir anderen arbeiten oder studieren alle. Wir müssen halt immer  herumprobieren und schauen, dass wir zurechtkommen. Joona schließt sich dann wenn möglich an. Wir anderen haben eigentlich immer Zeit, Joona kommt halt wann er kann und ansonsten haben wir ja Antti als Ersatzmann. Wir kommen schon irgendwie zurecht.

A: Dann bleibt Joona also Teil der Band?

V: Auf jeden Fall, Joona ist unheimlich wichtig für uns, das ganze Songwriting ist hauptsachlich eine Zusammenarbeit von mir und Joona. Oft erarbeiten wir einen Song bereits zu einem großen Teil nur zu zweit. Ohne Joona wären wir vermutlich ziemlich Scheiße, er ist einfach elementar für uns. Das Songwriting und die Vorproduktion werden immer noch zum Großteil von mir und Joona gemacht. Wenn er auf Tour ist schicke ich ihm meine Ideen und er kann dann von seinem Laptop aus daran arbeiten und mir Feedback geben. Aber natürlich ist es schwierig, das ist halt das Erwachsenen Leben. Das wäre das gleiche, wenn du zum Beispiel beim Militär bist und ein Krieg ausbricht, dann kannst du auch nicht sagen „Sorry, ich kann nicht an die Front gehen, ich habe Bandprobe“. Gut, (lacht) du kannst es natürlich probieren.

A: Würdet Ihr in der Zukunft gerne einmal mit einem Orchester zusammen arbeiten?

V: Oh ja, das wäre cool. Je länger wir diese Art von Musik machen und je länger wir nur diese Library-Sounds verwenden, desto ermüdender klingt der Sound. Es ist einfach so leicht heraus zu hören, welche Bibliothek gerade verwendet wird, es ist einfach immer wieder der exakt gleiche Sound. Ein echtes Orchester klingt einfach besser. Aber natürlich ist sowas eine riesen Aktion, weil du so viele Leute koordinieren musst und natürlich müssen die auch alle bezahlt werden, das ist dann natürlich auch ziemlich teuer. Aber es wäre wirklich super cool. Auch ein richtiger Chor wäre toll.

A: Wann hast du dir überlegt, dass du gerne Musik auf einem professionellen Level machen möchtest?

V: Das hatte ich nie wirklich geplant, irgendwie hat es sich einfach so ergeben. Ich rechne nicht damit, dass ich irgendwann in einer Band spiele, bei der ich nur von der Musik leben kann. Klar das wäre schön, aber das habe ich nie erwartet. Aber irgendwie bin ich dann mit 18 in einem Live Venue als Sound Engineer gelandet und dann habe ich Sound studiert und jetzt betreibe ich ein eigenes Aufnahmestudio. Naja, dort arbeite ich jetzt wirklich professionell mit Musik, aber das hat sich alles einfach irgendwie so ergeben. Angefangen hat das ganze durch die Leidenschaft Musik machen zu wollen und den Wunsch mir einen Platz zu schaffen, an dem ich professionell mit Equipment und Studio an meiner Musik arbeiten kann, ohne jedes Mal dafür zahlen zu müssen. Der Plan ging allerdings nach hinten los, denn jetzt bin ich so mit Projekten von anderen Leuten verplant, das es schwierig ist, überhaupt Zeit zu finden eigene Sachen zu produzieren. Der Plan war wirklich nicht gut durchdacht, ich muss mir jetzt wirklich überlegen wie ich das alles organisiere.  Dieses Jahr habe ich sechs Monate Pause von meiner Arbeit gemacht, um an neuen Songs zu arbeiten. Jetzt habe ich ein halbes Album an neuen Sachen, was natürlich gut ist. Aber nach dem ich die Szene für ein halbes Jahr verlassen habe, haben alle meine Kunden jemand anderen gesucht und jetzt habe ich die letzten drei Monate damit verbracht zu versuchen all diese Leute wieder zusammen zu sammeln. Es ist echt schwierig auf der einen Seite professionell mit Musik zu arbeiten und gleichzeitig auch noch Musik als Hobby zu machen. Da muss man erst einmal die Balance finden. Vielleicht lerne ich das irgendwann.

A: Hoffentlich. Aber ist es nicht schwierig ein Studio an so einem Touristischen Ort wie Suomenlinna (Inselgruppe vor Helsinki, auf der eine Festungsanlage aus dem 18ten Jahrhundert liegt. UNESCO-Weltkulturerbe) zu haben?

V: Ja, im Sommer ist das wirklich schlimm und nervig, da muss man dann total unhöflich sein und sich einfach durchdrängeln. Dieses Jahr wurde zum Glück ein extra Eingang für Anlieger eingerichtet, so dass ich jetzt direkt, ohne sämtliche Touristen abwarten zu müssen, auf die Fähre komme. Im Winter und Herbst ist es aber dafür richtig cool. Die See ist dann immer stürmisch oder etwas gefroren und im Winter sind da dann  30 cm Eis und wenn du dann am Morgen, nachdem die Fähren ein paar Stunden Pause gemacht haben, rüber fährst dann ist das Wasser fast wieder zugefroren und du spürst wie die ganze Fähre vibriert weil sie sich durch das Eis kämpfen muss. Das ist so ein entschlossenes Gefühl. Es wäre toll dieses Geräusch irgendwann aufzunehmen und irgendwo zu verwenden.

A: ich würde da wahrscheinlich erfrieren.

V: Ja, kalt ist es allerdings wirklich.

A: Wenn du dir ein Tour Line-Up zusammenstellen könntest wie immer du willst, wie sähe das dann aus?

V: Das ist wieder schwierig, da meine Lieblings Bands aus so verschiedenen Metal-Genres kommen, dass sie einfach nicht für eine Tour zusammen passen würden. Aber was für mich wirklich super wäre ist „Morbid Angel“ „Dark Funeral“ und „Nile“. Da wäre ich sicher in der Ersten Reihe. Für eine Tour mit Brymir wäre jede der Bands zu denen ich aufgesehen habe toll, zum Beispiel „Wintersun“, „Moonsorrow“, „Ensiferum“ oder „Finntroll“, über eine Gelegenheit mit diesen Jungs aufzutreten würde ich mich riesig freuen. Selbst wenn du nur für einen Abend die Show für deine Idole eröffnen darfst, ist das ein absolut besonderes Gefühl. Eine wirklich taffe Frage, meine Traum Tour wäre so ein chaotisches Durcheinander von verschiedenen Genres, ich könnte auch 12 Stunden lang gute Musik genießen.

A: Naja, meine Traum Tour wird wohl auch niemals zu Stande kommen, da sich die Mitglieder von zwei der Bands nicht mehr besonders gut Leiden können.

V: Dann musst du einfach beiden Bands erzählen, dass Sie Headlinen dürfen und es nur vorher noch einen Überraschungsgast gibt. Und dann vielleicht noch sicherstellen, das sich beide Bands den gesamten Abend nicht treffen.

A: Dann, aber auch nur dann, könnte das vielleicht funktionieren.

Aber nächste Frage: Was ist das wichtigste, dass ein Ausländer wissen muss wenn er nach Finnland ziehen möchte?

V: Sprich niemals jemand in öffentlichen Verkehrsmitteln an! Und vermeide Small-Talk. Ok, das ist eigentlich Bullshit. Wenn jemand sehr zurückhaltend auf deinen Small-Talk reagiert dann rede einfach weiter, Finnen sind normalerweise nette Leute, nur eben etwas reserviert und nicht so einfach zu erreichen, aber wenn du einmal mit Ihnen ins Gespräch kommst läuft es eigentlich ganz gut.

A: Als Ausländer ist es gar nicht so schwierig mit Finnen ins Gespräch zu kommen, sobald man erzählt das man aus dem Ausland kommt ist hier jeder total interessiert.

V: In der Regel. Oh und mach nur im Sommer in Finnland Urlaub. Viele Leute wollen natürlich auch im Winter nach Finnland kommen, aber das ist nicht so schlau. Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal eine Art Winterdepression.  Normalerweise hab ich immer gesagt das ich die Dunkelheit gewöhnt bin und mir das nichts aus macht, aber die letzten paar Wochen bin ich so K.O., das ich mir überlege nicht einfach Flüge nach Indien oder so zu buchen. Von daher, kommt im Sommer und ärgert euch nicht über Leute die abweisend oder unhöflich wirken. Wenn du nicht aufgibst werden sie vermutlich sehr offen und freundlich sein.

A: Ok, hast du noch irgendwelche abschließenden Worte?

V: Nur eine kleine Warnung, oder ein doch eher ein Versprechen, unser neues Material wird interessant werden. Wir haben drei verschiedene Arten von Sound, mache Leute könnten eventuell von manchen Songs geschockt sein, weil es so anders als unsere bisherigen Sachen ist. Aber keine Sorge, es wird auch ganz viel von dem Brymir geben das ihr bereits kennt, nur besser. Es wird sicher ein paar Überraschungen geben, zum Beispiel eine Single, die bestimmt ein paar Leute verwirren wird. Ich hoffe ihr werdet es trotzdem mögen.

A: Das erinnert mich daran, dass ich gehört habe, dass es vor dem Album noch eine Single Veröffentlichung geben soll?

V: Auf jeden Fall ein paar. Im Moment hoffen wir zwei Singles zu veröffentlichen, die die beiden Stilrichtungen die wir diesmal haben repräsentieren. Ein klassischer Brymir Song und ein etwas anderer, ein bisschen Sciencefiction mäßiger.

A: Cool, dann danke für deine Zeit.