Wir Sind Helden – Zwischenbilanz einer deutschen Popband

© Sven Sindt

„Tausend wirre Worte – Lieblingslieder 2002-2010“ lautet der Titel der am 21. Januar 2011 in verschiedenen Versionen erscheinenden Retrospektive von Wir Sind Helden, mit der die Band aus Berlin eine ebenso beeindruckende wie kurzweilige Zwischenbilanz ihrer bisherigen Karriere zieht. Die Standard-Version des Albums, die als CD, Doppel-Vinyl (plus CD) und Download verfügbar sein wird, enthält 19 Songs von Wir Sind Helden, die von der Band eher aus dem Bauch heraus zusammengestellt wurden und in nicht chronologischer Reihenfolge die musikalische Entwicklung der Helden nachzeichnen. Zur Schnittmenge aus Band- und Publikumsfavoriten zählen frühe Hits wie „Guten Tag“ und „Denkmal“ ebenso wie Schlüsselsongs à la „Gekommen um zu bleiben“ und „Von hier an blind“, unbekanntere Lieder wie „Echolot“ und „Ein Elefant für Dich“ ebenso wie die jüngsten Erfolge mit „Alles“ und „Bring mich nach Hause“ aus dem gleichnamigen aktuellen Album.

Einen weitaus facettenreicheren und plastischeren Einblick in das Popuniversum der Helden bietet die Special Edition von „Tausend wirre Worte – Lieblingslieder 2002-2010“, die mit zwei CDs und einer DVD aufwartet. Auf der zweiten CD findet man unter den insgesamt 21 Titeln neben raren B-Seiten, Live-Aufnahmen und Demo-Versionen auch einige hübsche Beispiele fremdsprachiger Interpretationen in Französisch, Japanisch und Chinesisch. Auf der DVD befinden sich alle bisher produzierten Videoclips, in denen stets die Originalität und Verspieltheit der Helden sichtbar wird. Neben den 14 Musikvideos inkl. neu aufgenommener Audiokommentare und Making-Of-Filme gibt es noch zusätzlich die 45-minütige Dokumentation „Tausend wirre Bilder“. Regisseurin Cornelia Cornelsen zeichnet darin aus diversen Interviews, Auftritten und Privataufnahmen ein Porträt von Wir Sind Helden, bei dem auch das Glück zu spüren ist, was die vier Musiker angesichts ihres Aufstiegs zu einer der populärsten deutschsprachigen Bands unserer Zeit empfinden. Abgerundet wird die Special Edition durch ein 24-seitiges Booklet, inkl. neuer Liner-Notes der Helden.

Mit dem Debüt „Die Reklamation“ wurden Wir sind Helden im Sommer 2003 vieler Leute neue Lieblingsband. Die einen schätzten diese widerborstigen Texte und wollten die Sängerin-Dichterin Judith Holofernes sogleich als neues linkes Frolleinwunder adoptieren. Andere fühlten hier Lebens- und Herzensangelegenheiten in Worte und Songs gefasst, wie man sie so noch nicht gehört hatte und brannten bei Helden-Konzerten ihre Feuerzeuge leer. Die meisten fanden beides toll und das viele dazwischen.
Das zweite Album „Von hier an blind“ machte Wir sind Helden 2005 zum umjubelten Schaumkrönchen der rollenden „Deutschpop-Welle“, ohne dass sie ihre Eigenartigkeit drangegeben hätten. Aus den Warhol’schen 15 Minuten Ruhm und Ehre waren Stunden, Wochen, Jahre Spaß und, ja, Liebe geworden. Und als die Welle abschwoll, strichen Wir sind Helden nicht etwa die Segel, wie manch eine Unke schon unkte. Sondern blieben ihrer zum geflügelten Wort gewordenen Ansage „Gekommen um zu bleiben“ treu und zogen jetzt erst recht Energie und Inspiration aus der Freiheit, endlich Wir sind Helden sein zu dürfen, ohne dazu noch irgendein Schaumkrönchen abgeben zu müssen. Und vielen Fans wurde angesichts des (vielfach unterschätzten) dritten Albums „Soundso“ (2007) und spätestens beim großartigen aktuellen Werk „Bring mich nach Hause“ erst so richtig klar, was sie an dieser Band haben: Eine, mit der sie leben, älter werden, vielleicht sogar erwachsen werden konnten. Und die ihnen keinen Quatsch erzählt.
Veröffentlichung: 21.01.2011 Tausend wirre Worte (Album)