One Night In PYRAS
Classic Rock Night, Pyras 30.7.2016
Möge die geneigte Leserschaft mit auf eine Zeitreise gehen, in eine Zeit in der heutiger Classic Rock noch aktuell und neu war. In den gängigen HardRock-Tempeln tanzte man zu „Talk To The Moon“ oder „Twisted“ vom PINKCREAM69, ohne BONFIRE hätte man wohl kein Kuschelrock-Album verkaufen können – so mancher lächelt noch heute wehmütig und glücklich bei „Give It A Try“ – und SINNERs „Knife In My Heart“ war Kult auf jeder Rockparty. Die Welt eines heranwachsenden Metallers war in Ordnung.
Nahezu dreizig Jahre später treffen sie sich alle wieder in der kleinen heilen Welt von Pyras, einem wunderhübschen Ort in Mittelfranken, in dem man das Beständige schätzt und sich alljährlich im Biergarten der ansässigen Landbrauerei zu Pyras zur Classic Rock Night einfindet. Genaugenommen tun das etwa 4000 Besucher jedes Jahr! Nimmt man aus dem letztjährigen Line-Up noch ACCEPT und AXXIS dazu, hat man dort ein großes Stück deutscher Musikgeschichte zusammengetrommelt.
Besonders gespannt war man auf SINNER. Jahrelang war Leader Mat Sinner mit großen Projekten wie ROCK MEETS CLASSIC oder seinen Bands Voodoo Circle oder Primal Fear unterwegs, so dass SINNER an sich etwas zu kurz kam. Die Zuschauer wurden nicht enttäuscht! SINNER legte bei hochsommerlichen Temperaturen los wie die Feuerwehr. Erster Hinkucker war eine eigene Bar auf der Bühne: auch eine Methode bei gefühlten 40° in der Halle. Bei all den Klassikern dauerte es eine Weile bis DER eine Song kam, auf den alle gewartet hatten: „Knife In My Heart“! Die Begeisterung des ohnehin schon locker gut gelauten Publikums erlebte seinen ersten Höhepunkt! Maßgeblich am Erfolg der guten Show beteiligt war Sasche Krebs aus dem ROCK MEETS CLASSIC-Ensemble, dessen eingängiger Gesang perfekt zu den Songs passte. Mal sehen, ob das eine dauerhafte Sache werden könnte!
Es ging genauso kultig weiter. PINK CREAM 69 eröffneten mit „Keep Your Eye On The Twisted“. Sänger David Readman und seine Mitstreiter (mit Dennis Ward und Alfred Koffler übrigens noch zwei Gründungsmitglieder mit dabei) legten mit „Lost In Illusions“ und „Talk To The Moon“ mächtig nach. PC69 ließ dabei nichts anbrennen und powerte sich durch die 15 Songs umfassende Setlist bis „Welcome The Night“ und „Shame“ den Auftritt beendeten. Die Pyraser waren zufrieden.
Bei BONFIRE gab es trotz massiver Infos des Veranstalters ein paar überraschte Gesichter. Eigentlich stand als Co-Headliner U.F.O. auf dem Programm, die aber leider kurzfristig auf Grund ernster gesundheitlicher Problem absagen mussten. Was folgte, beschrieb Konzertchef Peter Harasim wie folgt: „Von Anfrage bis zur Zusage in 23 Minuten“. Dies ist umso erstaunlicher, weil BONFIRE von allen Bands an diesem Tag sicher die Konzert-freudigste ist. Aber es hat geklappt und es sollte sich als Volltreffer erweisen. Dabei sind die Zeiten bei BONFIRE derzeit – manche mögen sagen alles wie gehabt – etwas turbulenter. Am Jahresanfang erst der Drummerwechsel von Harry Reischmann zu Tim Breideband , kürzlich die Trennung vom Amerikaner David Reece back to the roots zu Michael Bormann, der in Pyras aber noch von Alexx Stahl vertreten wurde. Zuviel auf einmal ? Egal ! BONFIRE wäre nicht BONFIRE, wenn man das auf der Bühne nicht wegstecken könnte. Und so lieferte das Quintett eine absolut professionelle Show ab. Der Beginn mit „Strike Back“, „Never Mind“ und besonders dem All-Time Klassiker „Don’t Touch The Light“ gab gleich die Richtung vor. Immer Vollgas! Sprach ich im Intro noch von „wehmütig und glücklich“? Ja auch diese Momente kamen bei BONFIRE nicht zu kurz. „Give It A Try“, das bei den letzten härteren Festivals nicht in der Setlist war und „You Make Me Feel“ ging vielen auch nach einem Vierteljahrhundert noch nach. Wo da wohl die Gedanken bei den einzelnen Besuchern waren? „Sword & Stone“, „S.D.I.“, „Sweet Obsession“, „Ready 4 Reaction“ bis hin zum Abschluß mit „Champion“ – wohl dem, der so ein Klassikerrepertoire sein eigen nennen darf.
Headliner des Abends war AXEL RUDI PELL. Nach seinem denkwürdigen Auftritt beim Bang Your Head 2014, an dem er in großem Stil das 25-jährige Jubiläum dieser Band feierte, war „ARP“ natürlich die große Nummer dieser Classic Rock Night. Die Bühnenshow überließ der ruhige Bochumer an der Gitarre eher seinen kongenialen Mitstreiter Ferdy Doernberg an Keyboard und vor allem Johnny Gioeli, dessen Stimme seit fast 20 Jahren diese Band „Axel Rudi Pell“ ausmacht. Wie ein Irrwisch beackerte er die Bühne in Pyras. Er gibt Songs wie „Fool Fool“ oder „Masquerade Ball“ ein Gesicht. Zusammen mit der filigranen Spielkunst eines Axel Rudi Pell war es der Höhepunkt des Festivals.
Eingerahmt vom Opener „Bullet Inside“ und dem Midnight Special „Graham Bonnet“ ging ein rauschender Festivaltag in Pyras zu Ende. Ich bin sicher, die meisten der knapp 4000 Besucher werden auch im nächsten Jahr wieder kommen.
Text und Fotos: Matt Bischof, www.mattbischof.de